5.4 Umgang mit kategorialen Faktoren 149
Wie wertet man diese Faktoren aus? Wie geht man mit Kombinationen aus nu-
merischen und kategorialen Faktoren um? Es gibt mehrere Lösungswege dafür.
Ein Weg besteht darin, den kategorialen Charakter zunächst zu ignorieren und
den Faktor wie einen numerischen Faktor zu behandeln. Insbesondere in der Phase
der Faktorsichtung ist dies völlig unkritisch, denn dann geht es nicht um die Ein-
stellung von mittleren Werten sondern nur um die Identifikation der signifikanten
Faktoren. Ein Mittelwert erscheint zunächst sinnlos, bei näherer Betrachtung lassen
sich aber in vielen Fällen die Eigenschaften kategorialer Faktoren auf einer nume-
rischen Skala beschreiben. Wenn der als numerischer Faktor getarnte kategoriale
Faktor eine große Bedeutung hat, wird die Abbildung auf die entsprechende nume-
rische Eigenschaft erforderlich.
Wenn zum Beispiel die Verbindungsart schrauben besser ist als die Verbindungs-
art kleben, lohnt sich eine genaue Analyse der Unterschiede. Möglicherweise ist das
charakteristische Merkmal die maximale Scherkraft, also letztlich eine numerische
Variable. Geometrien lassen sich in vielen Fällen durch Morphing stufenlos inein-
ander überführen. Clevere Formulierungen mit Shape Variablen machen dann aus
kategorialen Faktoren wieder numerische Faktoren. Ist ein Bauteil mal vorhanden
und mal nicht, kann häufig eine numerische Variable den Sachverhalt elegant be-
schreiben. Die Variable (E-Modul, Blechdicke, etc. ) wird dann so definiert, dass
sie den Wert Null annimmt, wenn das Bauteil nicht vorhanden ist. Die Produkte
verschiedener Lieferanten haben eigene charakteristische Eigenschaften, die sich
normalerweise ebenfalls in Zahlen ausdrücken lassen. Sollte der Faktor Lieferant
eine große Bedeutung haben, ist es ohnehin höchste Zeit, der Sache auf den Grund
zu gehen und die Unterschiede zu analysieren. Wenn der Faktor Musikrichtung zum
Beispiel bei der optimalen Einstellung des MP3-Players eine Rolle spielt, steckt
vermutlich das Zusammenspiel zwischen Frequenzgang und den jeweils wichtigs-
ten Frequenzbändern dahinter. Auch dies sind letztlich numerische Variablen.
Warum dieser Trick? Versuchsplan und Auswertung vereinfachen sich, wenn
man nur mit numerischen Faktoren arbeitet. Dann sind alle Versuchspläne und Be-
schreibungsmodelle einsetzbar. Auch die Optimierung funktioniert dann reibungs-
los im gesamten Faktorraum. Vereinzelte zweistufige kategoriale Faktoren kann
man bei der Optimierung nacheinander auf die beiden Stufen festsetzen und die
Optima vergleichen. Bei dreistufigen kategorialen Faktoren ist diese Taktik nicht
mehr zulässig, weil die Wechselwirkungsterme zwischen den numerischen und den
kategorialen Faktoren des Beschreibungsmodells unsinnig sind.
Sollte die Rückführung auf einen numerischen Faktor nicht möglich sein, sind
einschränkende Randbedingungen zu beachten. Zwischenwerte machen in diesem
Fall keinen Sinn. Man vergleicht lediglich die Ergebnisse der jeweiligen Stufen un-
tereinander. Die Varianzanalyse gibt dann Aufschluss über Effekte und Wechsel-
wirkungen. Als Darstellungen kommen hierbei auch Streudiagramme zum Einsatz,
aufgeteilt nach den Faktorstufen. Die Mischung von numerischen Faktoren und ka-
tegorialen Faktoren ist aufwendig, da man natürlich für die numerischen Faktoren
nach wie vor gerne ein Beschreibungsmodell hätte. Hierzu lassen sich ein belie-
biger Versuchsplan für die numerischen Faktoren mit einem Vollfaktorplan für die