
298 4 Relevante Subsysteme und Prozesse
netzt ist. Während die Reibpartner bei der hydrodynamischen oder Flüssigkeits-
reibung durch einen Film flüssigen Schmierstoffes vollständig voneinander ge-
trennt sind, kennzeichnet die Mischreibung einen Zustand, bei der Grenzreibung
und hydrodynamische Reibung nebeneinander auftreten. Grenz- und Mischrei-
bung sind daher stets mit Verschleiß verbunden, der seinerseits einen fortschrei-
tenden Materialverlust aus der Fläche eines festen Körpers darstellt und generell
durch Kontakt- und Relativbewegungen eines festen, flüssigen oder gasförmigen
Gegenkörpers verursacht wird. Die Grenze zwischen den verschiedenen Rei-
bungszuständen ist fließend, und in der Regel treten alle Zustände während des
Betriebs eines Maschinenteils mit unterschiedlichen Zeitanteilen gewichtet auf. So
werden beispielsweise bei einem Gleitlager die Reibungszustände in Abhängigkeit
der Drehzahl nacheinander durchfahren. Mit Hilfe der sogenannten Stribeck-
Kurve kann die Abhängigkeit des Reibbeiwertes von der Gleitgeschwindigkeit bei
konstanter Temperatur bzw. Viskosität beschrieben werden. Die Reibungszustän-
de sind dabei unterschiedlichen Gleitgeschwindigkeitsbereichen zugeordnet.
Zum Aufbau eines tragenden Schmierfilmes ist grundsätzlich eine bestimmte
Gleitgeschwindigkeit erforderlich. Im Bereich der Grenzreibung und Mischrei-
bung nimmt der Reibbeiwert von anfänglich hohen Werten rasch ab, um nach
Erreichen eines Minimums (Übergangsdrehzahl, Ausklinkpunkt) aufgrund der
steigenden Scherung des Schmierstoffes innerhalb des Schmierfilms wieder anzu-
steigen. Im Ausklinkpunkt beginnt die hydrodynamische Reibung. Ab hier ist ein
stabiler Betrieb nahezu ohne Verschleiß möglich. Steigende Belastung der Gleit-
partner oder sinkende Viskosität verschiebt den Ausklinkpunkt in Richtung höhe-
rer Gleitgeschwindigkeiten bzw. Drehzahlen. Im rechten Diagramm in Abb. 4.110
ist erkennbar, dass die Temperatur des Schmieröls einen beträchtlichen Einfluss
auf dessen Viskosität ausübt. Im Beispiel ist die kinematische Viskosität bei einer
Temperatur von 20 °C um den Faktor 10 höher als bei einer Öltemperatur von
80 °C.
Eine vollständige Trennung der Reibpartner erfordert den Aufbau eines tragen-
den Schmierfilmes. Dies kann entweder hydrostatisch oder hydrodynamisch erfol-
gen, wobei ein hydrostatischer Druckaufbau eine externe Energiequelle zur Dru-
ckerzeugung benötigt. Innerhalb des Verbrennungsmotors wird der Druckaufbau
im Schmierspalt überwiegend hydrodynamisch bewirkt. Beispiele dafür sind Zap-
fen und Schale vom Pleuel- und Grundlager, das Tribosystem Kolben-
ring/Laufbuchse und der Nocken-Stößel-Kontakt. Hierzu ist einerseits eine wirk-
same Relativgeschwindigkeit zwischen den Reibpartnern und andererseits ein
konvergenter Schmierspalt erforderlich. Das an den Oberflächen der Reibpartner
anhaftende Schmieröl wird infolge der Relativbewegung in den sich verengenden
Spalt gefördert und bewirkt so den hydrodynamischen Druckaufbau. Abb. 4.111
zeigt das Wirkprinzip.
Darüber hinaus kann ein Druckaufbau auch durch Verdrängung bzw. des soge-
nannten Squeeze-Effektes erfolgen. Dabei drückt die auf den Gegenkörper lasten-
de Kraft das Schmieröl seitlich aus dem Schmierspalt heraus (Quetschfilmströ-
mung). Der Druckaufbau durch Verdrängung ist ein zeitlich begrenzter Prozess,
der beispielsweise zwischen Kolbenring und Laufbuchse im Bereich der oberen
Totpunkte – hier ist die Relativgeschwindigkeit Null – abläuft.